Von Sonnenuntergängen, Twist-It und Ed von Schleck
Ich wohne im Norden. Dort ist es kalt und nass und windig. In meinen Fotos tue ich gerne so als lebe ich im ewigen Sommer.
Ich bin süchtig nach Gegenlicht und tanzenden Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Die Autorin Jo Walton sagte einmal etwas meiner Meinung nach sehr weises: „There’s a sunrise and a sunset every single day, and they’re absolutely free. Don’t miss so many of them.” Die Natur schenkt einem so viele schöne Dinge, man muss nur richtig hinsehen.
Nun, in der Gegend, wo ich herkomme, sind diese potentiellen Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge oft von dicken Wolken verhangen. Man erlebt also eher verschiedene Nuancen von Grau. Herr Blöhmann aus Loriot würde unser Matschwetter vielleicht in etwa so beschrieben: “Grau … aber nicht so grau … mehr grüngrau … ins Bräunliche. Eine Art Braungrau … mit Grün … ein Braungrüngrau. Umso mehr zelebriere ich jeden Sonnenstrahl, den ich festhalten kann. Sonnenaufgänge sind für mich weißgolden. So weich und cremig wie Sahneeis. Sonnenuntergänge sind knusprig bronzefarben bis Feuerrot.
Als Kind habe ich eine Duftlampe aus blauem Glas besessen. Ein Geburtstagsgeschenk – ich bin ein Julikind. Mein erstes Öl war eine von meinem Taschengeld gekaufte Zitrusmischung. Ich tropfte sie abends in die kleine blaue Wasserschale, wenn ich verschwitzt vom Spielen an der frischen Luft nach zig Partien Gummi Twist, Seilspringen und Federball, noch den Chlorgeruch vom Freibad im Haar und einem verklebten Mund vom obligatorischen Ed von Schleck, in mein Zimmer kam.
Weil mein Zimmer unter einer Dachschräge auf der Südseite war, knallte im Sommer den ganzen Tag die Sonne drauf und es war viel zu schwül zu schlafen. In diesen heißen Nächten verteilte dann der Orangenduft im Raum, während durch das Dachfenster kühle Nachtluft hineinströmte. Seither riechen für mich Sommertage nach Orangenblüten und Sonnenuntergänge irgendwie auch. Fotosessions in diesem besonderen Abendlicht machen mich nostalgisch und versetzen mich zurück in Kindertage.