Von Kräuterkränzen, Regengeruch und dem grauen weiten Meer
Nach Wochen der Hitze und Dürre kam die Abkühlung wie gerufen und jeder Regentropfen wirkte fast wie ein Segen.
Nachdem in meinem Garten die Pflanzen unter der anhaltenden Trockenheit litten und einzig der Lavendel, sich an sein Heimatklima in der Provence erinnert, wuchs und gedieh, wurden Kenzi und Matt dann an dem Wochenende, als sie Kiel besuchten, von astreinem norddeutschen Schietwetter begrüßt – der allseits bekannte Wechsel aus Sonne und Wolken mit örtlichen Schauern. Durch ähnlich raue Wetterbedingungen in ihrem Heimathafen Vancouver geprägt, tat dies der Stimmung jedoch keinen Abbruch und wir nahmen es alle mit Humor.
Solange keine gewitterartigen Weltuntergangsszenarien auf mich herunterknallen und meine Kamera gefährden, habe ich mit der Zeit gelernt auch aus fotografischer Sicht jedes Wetterereignis mit seiner speziellen Stimmung und seinen Lichtverhältnissen zu zelebrieren. Man braucht nicht immer einen kitschigen Sonnenuntergang, um stimmungsvolle Bilder zu zaubern. Das Licht, wenn die Sonne kurz vor einem Gewitter noch einmal durch die Wolken bricht, hat seine ganz eigene Magie. Und macht eine dichte Wolkendecke als Riesendiffusor nicht sowieso die weichste Haut?
Der erste Schauer traf uns dann, als wir auf dem Markt Blumen für den Haarkranz aussuchten. Dies war allerdings ein Schauer der Art, vor dem ich in einem Shooting blitzartig meine Kamera in Sicherheit gebracht hätte. Er kam aus dem nichts, überschwemmte in sekundenschnelle alles und war dann wieder abgezogen, bevor wir bis Drei zählen konnten.
Der nächste Schauer kam, als wir gerade im Auto auf dem Weg zur Steilküste – unserer Shootinglocation – saßen und ich wurde kurz unruhig. Doch als ich Kenzi beobachtete, wie sie mit kugelrundem Bauch glücklich grinsend auf der Rückbank saß und mit den frischen Blumen im Haar und ihrem Kleid wie eine kleine Elfe aussah, machte sich in mir die Gewissheit breit, dass alles gut werden würde.
Kurz bevor wir den Parkplatz erreichten, riss die Wolkendecke etwas auf und an einigen Stellen zeigte sich sogar sowas wie blaue Flecken von Himmel und kein einziger Tropfen fiel auf uns herab. Die Luft war angenehm frisch und getränkt mit dem typischen Duft von Sommerregen; meine Finger rochen immer noch nach Eukalyptus und Kamille vom Flechten des Blumenkranzes.
Ich lasse es mir nicht nehmen die Kränze für meine Shootings selber zu flechten, weil ich die Gerüche liebe, die dabei von den Pflanzen ausströmen und allein das Flechten an sich hat schon etwas fast Meditatives. Und noch weniger kann ich es lassen einen großen Anteil an Heilkräutern miteinzuflechten, weil diese auf mich schon immer eine größere Faszination ausübten als jede noch so schöne Blume. Am Ende des Shootings könnte man den Kranz wahrscheinlich einfach in heißes Wasser werfen und hätte einen leckeren Tee:D
Das Meer streckte sich vor uns wie ein riesiger silbergrauer Spiegel aus und es war so still am Strand als hätte die Welt für uns für einen Moment den Atem angehalten. Kenzi und Matt liefen glücklich am Strand entlang und hüpften von Stein zu Stein und ich war umso glücklicher diese Momente für die beiden festhalten zu dürfen.
Als wir nach dem Shooting zurück zum Auto gingen begann der Himmel dunkel und das Meer unruhig zu werden. Windböen fegten über die umliegenden Wiesen und kleine fiese Regentropfen peitschten uns von der Seite entgegen. Es war als wäre für unser Shooting eine Zeit im friedlichen Auge des Sturms reserviert worden und die Welt drehte sich mit einem Intro durch Schauer Nummer drei in gewohnter Geschwindigkeit weiter.